Ernst Kreidolf (1863 Bern - 1956 Bern) ist in der Schweiz, aber auch in Deutschland, wo er mehr als dreißig Jahre lang lebte und arbeitete, als Maler und vor allem als Bilderbuchku¿nstler unvergessen. Mit seinen an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert erschienenen Bu¿chern setzte er neue, wegweisende Maßstäbe in der Bilderbuchgestaltung.
Ernst Kreidolf wuchs auf dem Bauernhof seiner Großeltern auf und war mit der heimischen Flora seit Kindertagen eng vertraut. Bereits die Zeichnungen des Jugendlichen zeugen von genauer Beobachtungsgabe und seinem Einfu¿hlungsvermögen in das jeweilige Wesen einer Pflanze. Dieses Wissen war der Ausgangspunkt fu¿r die spätere "Vermenschlichung" seiner Bilderbuchgestalten. Daneben bildete zeitlebens das akribische Studium der Natur die Grundlage seines reichen ku¿nstlerischen Schaffens.
Ernst Kreidolfs Bilder und Texte entfu¿hren in die Welt des Märchens und des Traums, in denen Pflanzen eine zentrale Rolle zukommt. Alles, was wächst und blu¿ht, fand seine liebevolle Aufmerksamkeit, vom unscheinbaren Gänseblu¿mchen bis zur knorzigen Tanne. Unter den Pflanzen schätzte Kreidolf besonders die Blumen, seien es die in Feld und Wald wachsenden oder die im Garten blu¿henden. Aber auch den Heilkräutern, Sträuchern und Bäumen galt sein Augenmerk. Staunenswert ist Kreidolfs Fähigkeit, die jeweiligen Charakteristika einer Pflanze herauszuarbeiten - die Schönheit ihrer Blu¿te, die Eleganz ihres Wuchses, die Gefährlichkeit ihrer giftigen Blätter oder den "sprechenden" Namen, mit dem sie der Volksmund bezeichnet. Ihnen allen gibt er eine humane Gestalt und lässt sie dennoch ganz Pflanze sein. Diese ku¿nstlerische Anverwandlung ist ebenso phantasievoll wie von großem botanischem Wissen bestimmt, virtuos und einfach zugleich.